de | en

Albuquerque und Ácoma Pueblo

***** − In Albuquerque angekommen, fahren wir direkt zum Nikon Fotofachgeschäft. Sie behalten das Objektiv zur Reparatur dort. Da wir es erst am Samstag wieder abholen können, überlegen wir uns, was wir in der Zwischenzeit unternehmen könnten. Als erstes suchen wir eine preiswerte Unterkunft für die nächsten beiden Nächte. Das Luxury Inn ist preiswert aber dafür nicht ganz so luxuriös wie es der Name eigentlich vermuten liesse. Trotzdem ist es angenehm, in einem richtigen Bett zu schlafen und ein «eigenes» Bad zu haben.

Das gross angepriesene Frühstück entpuppt sich am nächsten Morgen als eine mit Donuts gefüllte Kartonschachtel, welche beim Empfang aufgelegt ist. Die meisten Exemplare sind mit kleberigen und farbigen Zuckergüssen oder Streuseln dekoriert.  

 

Sky City − Am Freitag, 20. Januar 2006 machen wir einen Ausflug zum 80 Kilometer westlich gelegenen Ácoma Pueblo. Die Sky City, wie das Ácoma Pueblo auch genannt wird, steht auf einem 120 Meter hohen Tafelberg aus Sandstein. Das Dorf kann man nur unter indianischer Führung besichtigen. Wir buchen eine Tour und zahlen zusätzlich eine Gebühr, die es uns erlaubt Fotos zu machen.

Zusammen mit den anderen Touristen werden wir in einem Kleinbus zum Pueblo hochgefahren. Die Zufahrtsstrasse entstand erst 1928 für den Dreh eines Western-Films. Zuvor war das Dorf nur über eine steile, in den Fels gehauene Treppe und Leitern erreichbar und war somit gut vor Angreifern geschützt. Trotzdem gelang es den Spaniern 1599 das Pueblo nach einem dreitägigen Kampf, bei dem hunderte von Stammesangehörigen ihr Leben verloren, einzunehmen. Für die Ácomas und die anderen Pueblo-Stämme folgten schwere Jahre der Unterdrückung. Unter dem spanischen Mönch bauten sie zwischen 1629 und 1640 die San Estévan del Rey Mission. Das Baumaterial für die massive Kirche musste mühsam über die steile Treppe auf den Tafelberg hinaufgeschleppt werden.

Heute leben weniger als 50 Leute das ganze Jahr über in der Sky City. Die restlichen Stammesangehörigen haben sich in den Dörfern entlang des Highways niedergelassen, wo sie auch ein Hotel und ein Spielcasino betreiben. Ein Teil von ihnen kehrt tagsüber in die Sky City zurück, wo sie an Souvenirständen die typischen schwarz, weiss und orangen Töpferein anbieten. Mehrmals im Jahr finden im Pueblo traditionelle Feste und Zeremonien statt. Obwohl sich 80% der Ácomas heute als katholisch bezeichnen, haben sie ihre alten Bräuche nicht aufgegeben.

Das Dorf mit seinen Lehmhäusern und den davor stehenden Holzleitern, die in die oberen Etagen der Gebäude führen, ist sehr hübsch. Und auch die bereits oben erwähnte Kirche ist eindrücklich. Die Führung lässt allerdings zu wünschen übrig. Unmotiviert leiert unsere Führerin vom Stamm der Ácoma die Informationen herunter und führt uns dabei geschickt von Souvenirstand zu Souvenirstand.

Das Leben im Dorf ist sehr einfach. Strom und fliessendes Wasser fehlt bis heute (es wird Regenwasser gesammelt). Lulu, die sich um die Fotos kümmert, kommt für die Erklärungen meist zu spät. Sie überlässt es darum Markus, dem monotonen Vortrag aufmerksam zu folgen.

Am Ende der Führung haben wir die Wahl entweder mit dem Bus oder zu Fuss über eine steile Treppe ins Tal zurückzukehren. Wir nehmen die Treppe. Vorher kehren wir aber nochmals zu einem der Souvenirstände zurück und kaufen eine kleine Bärenfigur aus Ton.

 

Route 66 − Zurück in Albuquerque fahren wir ins historische Zentrum. Obwohl Albuquerque in den meisten Reiseführern kaum oder höchstens als Ausgangspunkt für Ausflüge erwähnt wird, gefällt uns die Altstadt sehr gut. Die Plaza wird flankiert von vielen historischen Adobe-Häusern (Lehmziegelhäuser), die heute kleine Läden, Museen, Galerien, Restaurants und Cafés beheimaten. In einem der Läden kommen wir mit den beiden ausgeflippten Verkäuferinnen ins Gespräch. Unglaublich was diese beiden Damen alles zu erzählen wissen. Als wir das Geschäft verlassen, ist es bereits dunkel.

Höchste Zeit im «66 Diner», einem Lokal im Stil der Fünfziger-Jahre, ein typisch amerikanisches Nachtessen einzunehmen. Auf der Speisekarte finden sich BLT Bacon, Lettuce, Tomato oder Big Lauener Toast), Sloppy Joe, Chicken Salad, Enchiladas und natürlich Burgers in allen Variationen wieder. Der Name «66 Diner» bezieht sich auf die legendäre Route 66, die Albuquerque auf der Central Avenue durchläuft und damit eine der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt bildet.

 

«Tröim süess» − In unserer «Suite» im Luxury Inn geben wir uns zur Krönung des Tages einer Doppelfolge von «24» hin. Danach schläft und träumt Lulu wie üblich tief und fest ;-)

 

Schnäppchenjagd − Am Samstagmorgen holen wir unser Objektiv ab. Wir erfahren, dass sich ein Teilchen im Gewinde gelöst und so die Zoomfunktion des Objektivs blockiert hat. Dies kann durch lang anhaltende Erschütterungen ausgelöst werden, wie sie zum Beispiel während eines Fluges oder auf langen Fahrten auf Schotterpisten auftreten. Während das Objektiv noch auf Garantie geht, müssen wir für die Reinigung des Sensors $ 80.- bezahlen. Endlich wieder mit voll funktionierender Fotoausrüstung ausgestattet, machen wir uns auf den Weg zu einem grossen Flohmarkt, der in der Nähe unseres Hotels stattfindet.

Stundenlang schlendern wir an den Ständen vorbei und begutachten die angebotenen Waren. Die Preise sind meist extrem billig. Für 90 Cent erhalten wir 2 Bananen und 5 Orangen. Und Lulu ersteht sich für einen Dollar ein Baseballcap der Texas Longhorns, einer zur Zeit erfolgreichen American Football Mannschaft der University of Texas in Austin. Mehr weiss Lulu allerdings nicht über die Mannschaft. Aber ihr gefallen die Farbe (orange) und das Symbol (Longhorn = Kuhkopf mit langen Hörnern) des Vereins.

Wir finden auch Gefallen an einer alten Militärkiste. Mit $ 12 ist sie zwar erschwinglich, aber wo bringen wir das Ding in unserem Auto unter? Jake, der Verkäufer, ist ein wahres Talent. Er preist uns die Truhe so lange an, bis wir schliesslich nicht mehr nein sagen können. Bei einem anderen Kunden wäre es Jake fast gelungen, ein Paar alte Cowboystiefel trotz falscher Schuhgrösse an den Mann zu bringen. Wir schauen dem Spiel eine Weile amüsiert zu und ziehen dann mit der Truhe bepackt von dannen.

 

Reorganisation − Zurück bei Nanuq steht eine Reorganisation auf dem Programm. Wir räumen alles aus dem Auto, um es neu sortiert wieder zu verstauen. Am Ende hat alles seinen Platz gefunden. Die neuerstandene Militärkiste steht fein säuberlich eingereiht hinter der Kühlschrankbox (die wir nie als Kühlschrank benutzten). Wir sind mit dem Resultat zufrieden. Zwar nimmt die Kiste etwa 50 cm vom sonst schon knappen Schlafplatz (Breite ca. 1.5 m) ein, was uns aber nicht stört, da wir an dieser Stelle sonst immer Kleider und Einkäufe aufeinander gestappelt haben. Nun können wir einen Teil dieser Sachen in der Kiste verstauen und so etwas mehr Ordnung schaffen. Einziger Nachteil, die Kiste verströmt beim Öffnen einen unangenehmen Duft. Mit diesem werden wir auch später nach unserer Rückkehr in die Schweiz noch eine Weile zu kämpfen haben. Heute steht die Kiste, innen neu ausgekleidet, als Schmuckstück in unserem Wohnzimmer.

 

Schmürzelä − Nach zwei Nächten im Luxury Inn «zügeln» wir heute auf den Parkplatz eines WalMarts. Das eingesparte Geld investieren wir in eine feine Pizza bei Dion’s. Am nächsten Morgen gibt es ein böses Erwachen. Wir machen uns gerade bereit, um den WalMart für die Morgentoillette aufzusuchen, als in Nanuq’s Cockpit die Funken sprühen. Markus reisst geistesgegenwärtig das brennende Kabel, welches unseren Sonnenkollektor mit der Batterie verbindet, aus dem Anschluss. Heftig hustend hechten wir aus dem Auto. Es dauert eine Weile, bis der giftige Rauch endlich abgezogen ist. Ein Glück, dass wir zum Zeitpunkt des Vorfalls noch im Auto waren.

 

Schwarzes Monster − Nach diesem spektakulären Start in den Tag kehren wir nochmals zum Flohmarkt zurück. Wir haben gestern eine riesige Rolltasche gesehen, konnten uns aber vorerst nicht für einen Kauf entscheiden. Inzwischen haben wir nochmals darüber nachgedacht und meinen, dass uns diese Tasche bei der Rückkehr in die Schweiz sehr nützlich werden könnte. Haben wir uns am Anfang der Reise mit Einkäufen sehr zurückgehalten, erliegen wir nun immer mehr dem Shoppingfieber. Unser Regel, den Wagen nicht bis oben hin voll zu stopfen, gilt nicht mehr. Viel eher leben wir nun nach dem Motto: «Für die restlichen paar Monate können wir notfalls noch ein bisschen enger zusammenrücken». Bis jetzt war dies aber noch nicht nötig, da wir immer wieder neue Nischen finden, um unsere Einkäufe zu verstauen. So fahren wir fort, uns mit T-shirts und Hosen einzudecken, die in den USA erstens billiger und zweitens origineller sind als in der Schweiz. Mit dem Kauf der «Monstertasche» hoffen wir, nun auch genug Packkapazität für den Rückflug zu haben. (Anmerkung: Eine «Monstertasche» hat nicht gereicht. Ein paar Wochen später kaufen wir auf einem Flohmarkt in Florida eine zweite solche Tasche ;-)

 

Geheimtipp − Albuquerque ist uns mittlerweile ans Herz gewachsen. Die Stadt wird normalerweise von den Touristen auf dem Weg nach Santa Fe links liegen gelassen. Zu unrecht wie wir finden. Im Gegensatz zu Santa Fe strahlt Albuquerque viel mehr Leben aus. Fairerweise müssen wir dazu sagen, dass die Jahreszeit für einen Besuch in Santa Fe nicht gerade ideal war. Trotz unserer Sympathien für Albuquerque verlassen wir die Stadt auf dem Interstate 25 Richtung Süden.